Prof. Dr. Simon Stellmer vom Physikalischen Institut und sein Team erforschen, wie Messgeräte, die ohnehin schon unfassbar genau sind, immer weiter verbessert und verfeinert werden können. In dem jetzt geförderten ERC-Projekt „GyroRevolution“ wollen sie Gyroskope entwickeln – Drehsensoren, die extrem genau sind. Im Detail sind Gyroskope ringförmig laufende Laser, mithilfe derer Rotationen gemessen werden können. Geodätinnen und Geodäten nutzen sie, um etwa die Erdrotation zu erfassen und Erdbeben zu detektieren. Kleinste und sehr langsame Bewegungen von Bauwerken oder auch des Erdbodens lassen sich ebenfalls messen.
Um die Gyroskope zu entwickeln, nutzen Stellmer und sein Team Technologien aus der Quantenphysik. Hochstabile Laser, optische Resonatoren, Frequenzkämme: Die Werkzeuge der Forschenden wurden für optische Atomuhren entwickelt und bilden nun die Basis für die Entwicklung verbesserter Gyroskope. Die Arbeitsgruppe untersucht aktuell mehrere Ansätze und betreibt Gyroskope in unterschiedlichen Bauformen – das größte misst vier mal vier Meter und ist tief im Untergeschoss des Physikalischen Instituts aufgebaut.
„Wir wollen kleine, robuste Drehsensoren bauen, die in Gebäude eingebaut oder in Bohrlöcher versenkt werden können“, sagt Simon Stellmer, Mitglied im Exzellenzcluster „Matter and Light for Quantum Computing“ (ML4Q) und im Transdisziplinären Forschungsbereich „Matter“ der Universität Bonn. „Erdbeben, Klimawandel, marode Autobahnbrücken – die Einsatzmöglichkeiten der Gyroskope sind vielfältig und gesellschaftlich hochrelevant.“
Bereits in seinem 2017 eingeworbenen ERC Starting Grant-Projekt beschäftigt sich Simon Stellmer mit solchen Präzisionsmessungen. In diesem Projekt geht er einer sehr grundlegenden Frage nach: Warum enthält das Universum überhaupt Materie? Sein Ziel: Fragestellungen aus der Teilchenphysik nicht mit der hohen Energie von großen Teilchenbeschleunigern, sondern mit der Präzision von Quantenexperimenten zu beantworten.